1. Allgemeiner Überblick

Das deutsche Erbrecht zeichnet sich unter anderem durch das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge, der sogenannten Universalsukzession, aus, die in § 1922 BGB niedergelegt ist.

Dies bedeutet, dass das gesamte Vermögen des Erblassers unmittelbar mit dessen Tod auf den oder die Erben übergeht, es bedarf hierzu grundsätzlich keiner weiteren Übertragungsakte. Der Erbe wird damit rechtlich zwingend und automatisch zum Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers.

Im Gegensatz zu einigen anderen Rechtsordnungen, insbesondere der US-amerikanischen, gehört zum Vermögen des Erblassers in diesem Sinne nicht nur das positiv vorhandene Vermögen, also Bargeld, Sparkonten, Aktiendepots, Grundbesitz etc., sondern auch eventuell zum Zeitpunkt des Todes bestehende Schulden des Erblassers. Zum Nachlass gehören damit nicht nur die benannten Positionen, sondern die Gesamtheit seiner Rechtsverhältnisse und er umfasst auch Rechtsverhältnisse nichtvermögensrechtlichen Inhalts.

Neben Verpflichtungen, die der Verstorbene zu Lebzeiten eingegangen ist und daraus resultierenden Schulden haftet der Erbe darüber hinaus auch für nach dem Todesfall entstehende Nachlassverbindlichkeiten wie z.B. Nachlassverwaltungsschulden oder Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

2. Unterschied zur rechtlichen Situation in den USA

Die Haftung für die genannten Verbindlichkeiten trifft den Erben direkt, nicht lediglich den Nachlass als solchen, eine derartige Unterscheidung kennt das deutsche Erbrecht nicht. Während also nach US-amerikanischem Recht die Erben regelmäßig nicht für die Verbindlichkeiten des Erblassers in Haftung genommen werden können, haftet der Erbe nach deutschem Recht demgegenüber mit seinem eigenen, privaten Vermögen.

Hierin unterscheidet sich das deutsche Erbrecht deutlich von der US-amerikanischen Regelung, da bei Anwendung US-amerikanischen Rechts nur der Nachlass selbst haftet. Dies bedeutet, dass der Nachlassverwalter (im US-amerikanischen Rechtsraum als personal representative bezeichnet) die Gläubiger des Erblassers aus dem Nachlassvermögen bedient, reicht das vorhandene Vermögen nicht zur Befriedigung aller Gläubiger aus, geht dies zu Lasten der Gläubiger, der Erbe muss hier nicht mit seinem privaten Vermögen die verbleibenden Schulden übernehmen.

3. Ausschlagung, Nachlassinsolvenz und Nachlassverwaltung

Besteht daher bei einer Erbschaft in Deutschland Grund zu der Annahme, dass der Erblasser Schulden in signifikanter Höhe hatte, kann es ratsam sein, die Erbschaft auszuschlagen, um zu vermeiden, als Erbe in die Haftung genommen zu werden. Hierbei muss unbedingt die Ausschlagungsfrist eingehalten werden.

Durch die Ausschlagung wird das Erbe und damit auch die Gesamtrechtsnachfolge abgelehnt, hierfür bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Kenntnis des Erbfalls. Hatte der Erblasser seinen Wohnsitz im Ausland oder lebt der Erbe nicht in Deutschland, beträgt die Frist 6 Monate.

Will man jedoch das Erbe nicht ausschlagen, sondern lediglich die Haftung auf den Nachlass beschränken, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.

Die Nachlassverwaltung muss vom Erben beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden, der dann einsetzte Nachlassverwalter wickelt daraufhin treuhänderisch den Nachlass ab. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Nachlassverwaltung nicht mehr möglich ist, wenn der Erbe bereits unbeschränkt haftet.

Steht fest, dass der Nachlass überschuldet ist, ist der Erbe bei der Kenntnis hiervon verpflichtet, das Nachlassinsolvenzverfahren einzuleiten. Dies geschieht durch einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht. In diesem Fall sollte rasch gehandelt werden, denn erfüllt der Erbe diese Pflicht nicht, haftet er gegenüber den Nachlassgläubigern für den daraus entstehenden Schaden.

4. Ausnahme der Sondererbfolge mit den wichtigsten Fällen

Eine Ausnahme von der beschriebenen Gesamtrechtsnachfolge bildet sie sogenannte Sondererbfolge. Hinsichtlich bestimmter Nachlassgegenstände ist eine solche Ausnahme unvermeidlich. Durch die Sondererbfolge werden einzelne Vermögensteile vom übrigen Nachlass abgesondert und bilden einen eigenen Nachlass.

Sondererbfolge besteht beispielsweise im Rahmen des Mietverhältnisses des Erblassers, gegebenenfalls hinsichtlich gesellschaftsrechtlicher Anteile und bei landwirtschaftlichen Betrieben.

In das Mietverhältnis des Erblassers tritt nach dessen Tod sein Ehegatte oder Lebenspartner oder ein anderer Familienangehöriger ein. Hierdurch soll dem Partner des Erblassers oder dessen Kindern etc. ermöglicht werden, den Lebensmittelpunkt beizubehalten. Erst wenn diese Personen die Fortführung des Mietverhältnisses ablehnen, tritt der Erbe in dieses ein.

Hinsichtlich gesellschaftlicher Anteile beruht die Sondererbfolge auf richterlicher Rechtsfortbildung. Handelt es sich bei dem Erblasser um einen persönlich haftenden Gesellschafter, erfolgt die Nachfolge in den Gesellschaftsanteil deswegen im Wege der Sonderrechtserbfolge, um Kollisionen des Erb- und Gesellschaftsrechts zu vermeiden.

Die Sondererbfolge bei landwirtschaftlichen Betrieben soll dem Erhalt des Betriebs dienen und erfolgt nach dem jeweiligen landesrechtlichen Anerbenrecht.

5. Unvererbliche Rechtsverhältnisse

Die sogenannten höchstpersönlichen Rechte unterliegen nicht der Gesamtrechtsnachfolge. Hierzu gehört beispielsweise das Namensrecht oder das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen, dessen ideelle Komponente grundsätzlich den nächsten Angehörigen zusteht, auch wenn diese nicht Erben sind.

Außerdem können an die Person des Erblassers gebundene Rechte, wie zum Beispiel ein eingeräumter Nießbrauch oder eine beschränkt persönliche Grunddienstbarkeit, aber auch Unterhaltsansprüche oder andere Familienrechte wie z.B. die elterliche Sorge, nicht vererbt werden, sie erlöschen im Todesfall.

Sollten Sie nach deutschem Recht Erbes eines in Deutschland belegenen Nachlasses geworden sein oder eine generelle Beratung in Bezug auf eine potentielle Erbschaft wünschen, setzen Sie sich gerne mit unserer Münchner Kanzlei in Verbindung.